W 248 bis W 358

Moderator: happyfreddy

happyfreddy
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W 248 bis W 358

Beitrag von happyfreddy »

Mit dieser Orgelserie betrat die Firma Wersi anno 1969 den hiesigen
Markt an Bausatzorgeln / Fertigprodukte.
Der Schwerpunkt lag eindeutig auf dem Bausatzsektor zumal zu der Zeit
ja die "Do it Yourself" ( DIY ) Masche aus den USA herübergeschwappt war.
DIY bot sowohl für einen Kunden als auch den Hersteller im Grunde nur Vorteile.
Auf Kundenseite wurde viel Geld gespart - Instrumente somit erschwinglich -
und auf Herstellerseite entfiel die arbeitsintensive Produktion von Instrumenten.
Grundlage für ein Gelingen einer solchen Vorgehensweise waren bis ins Detail
ausgearbeitete Bauanleitungen, wo jeder Schritt haarklein erklärt wurde, damit es
für den Kunden ein Erfolgserlebnis wurde.
Gegenüber dem schon etablierten Mitbewerber Dr Böhm grenzte man sich jedoch
derart ab, daß es fix und fertig ausgebundene Kabelbäume gab, die sich am Maximalausbau
des Instrumentes orientierten. Eine sehr zeitaufwändige Verharfung mittels Einzelleitungen
entfiel hier genauso, weil man bereits fertige Verharfungsplatinen verwendete, mit denen die
eigentlichen Kontakteinheiten aufgebaut wurde.
Durch die fertig ausgebundenen Kabelbäume hatte jede Baugruppe ihren angestammten Platz
im Instrument und die Orgel präsentierte sich damit aufgeräumt und Störgeräusche durch
individuelle freie Verdrahtung je nach gusto wurden damit gleichzeitig minimiert.

Auch das Netzteil dieser Orgeln war ein einziges zentrales und für den Maximalausbau ausgelegt.
Für die Orgel gab es somit eine ZENTRALE MASSE und die gesamte Spannungsversorgung ging von
diesem Netzteil sternförmig an die jeweiligen Verbraucher

Im Gegensatz zum Mitbewerber fanden von Anfang an auch ICs in diesen Orgeln Verwendung.
So waren sämtliche Teilerstufen des Generators mit dem damals üblichen SAJ 110 bestückt.
Die Hauptoszillatoren der obersten Oktave waren stabil schwingende Hartley Oszillatoren
mit Spule und Styroflex Kondensator.

Der erste Generator dieser Orgelserie war im Anfang der RG 869

BIlder durch Anklicken vergrößern

Generator RG 869 :
RG869_3393.JPG
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RG869_3394.JPG
(183.46 KiB) 2158-mal heruntergeladen
RG869_3395.JPG
(216.07 KiB) 2151-mal heruntergeladen
So ab ca 1974 folgte dann der erste Generator mit den damals neuen TOS ICs, die die
oberste Oktave an Tönen erzeugten.
Dieser Generator wurde mit DT 74 bezeichnet und konnte 1:1 gegen den Vorgänger RG 869
ausgetauscht werden

Generator DT 74:
DT74_3396.JPG
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DT74_3398.JPG
(263.55 KiB) 2147-mal heruntergeladen
Der TOS IC ( T op O ctave S ynthesizer ) war ein Texas Instrument IC
TMS 3839 gesteuert von einem 2 phasigen Rechteckgenerator, dessen Frequenz mittels
einer Kapazitätsdiode MV 1401 und Schalenkernspule erzeugt wurde.
Diese Kapazitätsdiode hatte 500 pF Kapazität und wurde eigentlich in AM Emfängern zur Abstimmung per Poti mit Gleichspannung verwendet.
Dieses Poti war auch in der Orgel vorhanden als Trimmpoti mit in Serie liegendem Slalomregler, womit
die Stimmung der Orgel um eine Oktave abgesenkt werden konnte. In abgestufter Form über Drehschalter war der Slalomregler dann auch als Transposer ausgelegt.

Der Anschluß des Verharfungskabelbaums erfolgt sowohl beim RG 869 als auch DT 74 über vergoldete
Leiterbahnenendstücke, auf die dann die Anschlußstecker gesteckt wurden.
Die weiteren Anschlüsse für Stromversorgung und Bedienelemente wie Vibratoschalter etc waren auf separaten Stiftkontakten herausgeführt.
Der Vibratooszillator befand sich jeweils auch gleich auf der Generatorplatine.


Zu der W 248 - W 358 Serie gehört auch noch eine spezielle Orgel die WX 100 T
Diese Orgel erzeugte nur SINUS Klangfarben und hatte deswegen auch einen speziell ausgelegten
Generator. Im Prinzip schaltungstechnisch aufgebaut wie der RG 869 , hier jedoch auf 12 einzelnen Kaskaden.
Grund dafür war die Ausgangsbeschaltung der Frequenzteiler SAJ 110.
Der SAJ 110 liefert normal nur Rechtecksignal. Durch spezielle Ausgangsbeschaltung mittels aktiver Sinusfilter
wird dieses Rechtecksignal jedoch in einen Sinus umgewandelt.
Die ebenfalls in diesem Instrument vorhandenen Register sind alles additive Sinuseinstellungen - exakt wie
bei Hammond die negativ Tasten der Presets pro Manual.
Ein weiteres Merkmal dieser WX 100 T ist das sogenannte Wersitronic Phasenvibrato.
Eine Platine, die das Scannervibrato einer Hammond Orgel simuliert.
Diese Platine gab es nur fix und fertig aufgebaut , nicht als Bausatz.
Der Grund dafür ist die etwas kniffelige Einstellung von vielen Trimmpotis, die wenn exakt
eingestellt, auch mit Farbklecks gegen Verstellung gesichert waren.

( Foto Phasenvibrato folgt noch )


Die Schaltungen der drei Generatortypen werden noch in einem speziellen späteren Thread abgehandelt

Zurück zur W 248- W 358 Serie

Die Tastenkontakte waren Bestandteil einer Baugruppe mit der sogenannten Verharfungsplatine, die gleichzeitig
als Rückwand diente.
Die Tastenkontakte dieser Orgelserie stellen einerseits Rechecksignal als auch eine oktavweise Sinusform bereit
Für die Rechteckausgänge wurden die Fußlagen über Widerstände ausgekoppelt und gleichzeitig einer RC Filterkette
vom tiefsten Ton einer Fußlage des Manuals bis zum höchsten Ton zugeführt.
Damit standen für diese Orgelgeneration gleichzeitig Rechteck und Sinus zur Verfügung.
Der bei einigen Festregistern erforderliche Sägezahn wurde durch ein Widerstandsnetzwerk mit speziell
abgestuften Widerständen in Form einer Treppenspannung erzeugt.
Klanglich unterscheidet sich eine Treppenspannung vom echten Sägezahn nur unwesentlich, sodaß diese Form
dann für ein Instrument was gleichzeitig Sinus , Rechteck und Sägezahn liefern soll vollauf genügte.

Die Klangformung als solche folgt wiederum in speziellem Thread

Als Kontakdrähte wurden generell vergoldete Federkontakte verwendet, eine kleine Spiralfeder, deren Ende zu den eigentlichen Tastenkontakt Sammelschienen als kleiner Golddraht mündete.
Diese Tastenkontakteinheit wurde dann unter das schwenkbare Manual geschraubt und die Stößelstangen der bis zu 11fachen Tastenkontakte eingefädelt.
Jede Kontakteinheit hatt als obersten Tastenkontakt noch einen separaten Anschluß um damit die Effekte und anderes zu triggern.

Fortsetzung folgt
happyfreddy
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Re: W 248 bis W 358

Beitrag von happyfreddy »

weitere Bilder vom Generator DT 74

Anklicken vergrößert Bild
DT74_3707.JPG
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DT74_3708.JPG
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DT74_3709.JPG
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DT74_3710.JPG
(209.94 KiB) 1285-mal heruntergeladen
DT74_3711.JPG
(208.14 KiB) 1285-mal heruntergeladen
DT74_3712.JPG
(193.76 KiB) 1286-mal heruntergeladen
Nilpferd
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Re: W 248 bis W 358

Beitrag von Nilpferd »

...zu den alten Wersi-Orgel gab es auch noch die W 158, die W 258 sowie die WX 100 T
WERSI-KATALOG-1976-maxi.pdf
(33.78 MiB) 195-mal heruntergeladen


Und viel Geld hatte es auch gekostet:

Wersi Selbstbau Systeme - Preisliste 4-75.pdf
(17 MiB) 150-mal heruntergeladen
Nilpferd
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Re: W 248 bis W 358

Beitrag von Nilpferd »

Interessant war damals die Wersimatic:
BA810 Wersimatic Begleitautomat.pdf
(18.69 MiB) 144-mal heruntergeladen
xxxxx Wersimatic - Elektronisches Rhythmusgerät.pdf
(29.64 MiB) 134-mal heruntergeladen
xxxxx Wersimatic Schaltbilder.pdf
(14.89 MiB) 132-mal heruntergeladen
happyfreddy
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Re: W 248 bis W 358

Beitrag von happyfreddy »

Besten Dank Nilpferd !!

Das Titelbild des Kataloges 1974 zeigt übrigens das Layout des Wersitronic Phasenvibratos,
dem Vorläufer des Wersivoices .( der Katalog ist von 1974 nicht 1976 !
1976 gab es dann schon die Helios ! )

Die Orgel WX 100 T weicht übrigens im Generator von allen anderen Wersi Orgeln ab.
Sie hatte als einzige noch 12 LC Hauptoszillatoren gefolgt von SAJ 110 Frequenzteilerstufen mit
direkter Sinusformung bei jeden einzelnen Tonausgang. Diese Orgel lieferte auch nur eine einzige
Schwingungsform - eben Sinus. Eingebaut in dieser Orgel natürlich auch das Phasenvibrato.
Skunk
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Re: W 248 bis W 358

Beitrag von Skunk »

Moin Jürgen,

wieso vergißt eigentlich jeder die W358 (Katalog Seite 40/41) zu erwähnen? Bei allen hört offenbar die W-Serie bei der W258 auf, aber "das Monster" als Vorläufer der Galaxis gab's auch. Eine davon steht seit ein paar Wochen zur Restaurierung bei mir. ;) Selbst Wersi selbst hat die Orgel nur sehr wenig erwähnt. O.k., es wurden nur ca. zwei Dutzend davon verkauft, aber sie war immerhin die erste dreimanualige Wersi Orgel überhaupt.

Viele Grüße,
Andreas
happyfreddy
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Re: W 248 bis W 358

Beitrag von happyfreddy »

Die W 358 wurde jedoch meist mit dem Suffix SKT erwähnt.
In der Beschreibung häufig dann auch der Zusatz Standard BDO Pedal.
Somit war diese Orgel wohl eher speziell für Kunden aus dem Sakralorgelbereich
angesagt.
Müßte jetzt etvl mal in Böhm Prospekten/ Unterlagen nachsehen wann bei denen
die erste Orgel mit mehr als 2 Manualen erschienen ist. Ich meine daß dies schon ab 1972
der Fall war mit der FnT und dem nachfolgenden 4 Manualen Modell GnT.
Sogesehen fällt für mich die 358 eher unter die Option eines " können wir auch bauen "
Daß man sowohl solche Orgeln mit 3 und mehr Manualen überhaupt gebaut hat dürfte mit
einer angepeilten Klientel aus dem Sakralbereich zusammenhängen.
Zu der Zeit gab es zwar schon sogenannte Haus ( sakral) Orgeln , nur die wurden meist speziell
an die Gegebenheiten der örtlichen Wohnverhältnisse angepaßt - dementsprechend teuer und vor allem
groß , allein schon wegen der Luftversorgung für die Orgelpfeifen.

Wenn also hier bei Dir eine Restauration gemacht wird könnte man dieses bebildert in Threadform
bringen, wie wär´s ?
Skunk
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Re: W 248 bis W 358

Beitrag von Skunk »

Hi Freddy,

gerne, aber das daaaaaaauert noch. Bin ja gerade erst am Zerlegen. Ich kann das gerne in sehr loser Folge über die nächsten Monate (oder Jahre? ;) ) machen. Für mich war es mit der Anschaffung der W358 einfach wichtig, mal alle drei dreimanualigen analogen Wersis vom Anfang an unter einem Dach zu haben und die Entwicklung über die Jahrzehnte zu zeigen. Die sofortigen ersten Kommentare "jetzt brauchst Du nur noch eine Louvre und eine Pergamon" mußte ich leider nerneinen, denn PC-Orgeln kommen mir nicht in's Haus. ;)

Mal als erster Kommentar zur W358: ich möchte die Orgel trennbar in Unter- und Ober-Manual machen -- was ja nie ging. Hintergrund ist einfach, daß sie am Stück kaum bei mir im Haus die Treppe in's Obergeschoss in mein Musikzimmr zu schaffen wäre. Bei der Galaxis und Atlantis war das einigermaßen einfach. Größtes Problem dabei ist, daß alle Leitungen zwischen Ober- und Unterteil auf entsprechende Stecker getrennt werden müssen.

Außerdem war die Elektronik in einem so katastrophalen Zustand bzw. auch nicht endgültig fertig gebaut und mit nicht dokumentierten Funktionen versehen, daß sie komplett ausgeräumt werden muß. Fünfzig Jahre und der Raucherhaushalt des früheren Besitzers haben einfach ihre Spuren mit einem Dreckfilm auf der ganzen Orgel hinterlassen. Da kam mein Ultraschallbad schon ein paar Mal zum Einsatz, um den ganzen Schmodder loszuwerden.

Bei der Gelegenheit wird die Holzwanne inkl. den Holzseitenteilen für die Manualträger erneuert und verstärkt sowie trennbar vom Unterteil gemacht. Das Rio-Palisander-Gehäuse lasse ich dann bei der Gelegenheit auch gleich von meinem Schreiner überarbeiten und auf Vordermann bringen.

Im Moment werden die drei Manuale komplett in ihre Einzelteile komplett zerlegt, die einzelnen Tasten, bei denen schon die Plastikkappen von den Metallträgern gelöst waren, wieder auf Vordermann gebracht. Im Untermanual klemmten einige weiße und schwarze Tasten ganz heftig, was auf verbogenen Haken, auf denen die Dämpfergummies saßen zurückzuführen war. Parallel läuft der Ausbau der Rest-Elektronik und Dokumentation der existierenden Verdrahtung.

Demnächst mehr in diesen Theater, dann schon vielleicht mit den ersten Fotos....

Bis denne,
Andreas
Skunk
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Re: W 248 bis W 358

Beitrag von Skunk »

P.s. Ich mache aber zu diesem Blog aber einen separaten Thread auf (Restaurierung einer W358SKT), damit die Forums-Struktur nicht durcheinander kommt

VG,
Andreas
happyfreddy
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Re: W 248 bis W 358

Beitrag von happyfreddy »

Separater Thread ist immer gut, dann hat man alles beisammen.
Sollten Diskussionen dazu kommen schiebe ich die in einen Diskussionsthread zumThema.

Naja alle 3 manualige wersi wird man eh nicht zusammenbekommen weil es von der SN 2
( Nachfolger des weissen Traums ) nur ein einziges Exemplar gibt was in DK bei einem Sammler
steht.
Man könnte jedoch dort mal nachfragen ob man wenigstens ein Foto davon mal zu sehen bekommt....
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